Seit nunmehr Wochen durften wir die herrlichsten und heissesten Sommertage seit langer Zeit geniessen. Teilweise stiegen die Temperaturen bis zu 36 Grad. Doch ausgerechnet für den Abfahrtstag am Freitag, 31. Juli 2022 zeigte der Regenradar eine Regenfront an. So kam es tatsächlich am frühen Morgen zu starken Regenschauern in der Zentralschweiz. Genau zur Abfahrtszeit um 7 Uhr morgens, schlossen sich dann aber die Himmelsschleusen und der Regen stoppte, so dass wir uns mit Regenschutz auf den Weg zum Treffpunkt nach Niederbipp aufmachen konnten. 11 Harley’s, 1 BMW und 15 Personen, wovon 13 Mitglieder und mit Andi und Silvia zwei Interessenten, nahmen teil. Eine stattliche Anzahl Motorräder und auch Teilnehmer. Die Regenkombis wurden von fast allen wieder verstaut und sollten während der kommenden vier Tage auch nie mehr zum Einsatz kommen.

Los ging es dann direkt mit den ersten kurvigen und engen Strässchen. Auf dem Weg zum ersten Kaffeehalt im Museum maison de la Tête de Moine in Bellelay, Kanton Jura, begegneten wir immer wieder abwechslungsweise etwas Kies, Kuhfladen und hie und da einer Regenpfütze. Auch lebendige Kühe, die im Weg standen, sollten wir antreffen. Souverän hat ihnen Ritschi, unser Road Captain den Weg gewiesen. Wäre das Wetter den Wochen davor entsprechend prachtvoll sommerlich und sonnig gewesen, wären wir (jedenfalls ich) beruhigter im Sattel gesessen. So, wirkte halt alles etwas düster und abenteuerlicher. Nichts desto trotz war die ausgesuchte Route ein Erlebnis und wir „flirteten” mit dem Heu-Stier vor dem Museum bzw. der Eine mit der Reiterin auf dem PferdJ Das erste Gruppenfoto und auch Selfie entstand dann bei den ersten zarten Sonnenstrahlen des Tages. Das Mittagessen nahmen wir im Hotel Bellevue in Porrentruy ein. Die Gartenwirtschaft war für uns unter ausladenden Bäumen gedeckt. Zum Glück, denn warf man einen Blick gen Wald, regnete es doch tatsächlich. Das sollte sich jedoch nur bis zur Weiterfahrt so halten und sich dann wieder beruhigen. So kurvten wir weiter ohne Regenbekleidung bis Manspach zu unserem nächsten Stärkungshalt, wo sich auch wieder leicht die Sonne zeigte und die Temperaturen allmählich anstiegen. In Sewen im Hotel des Vosges angekommen, war es denn auch schönes und warmes Wetter. Sewen befindet sich in der Region Grand Est am Fusse des Elsässer Belchen in den Vogesen. Auf der sonnigen Hotelterrasse löschten wir entweder vor oder nach dem Einchecken den Durst. Das Hotel erreichten wir nach ca. total 250 km und befindet sich in einer idyllischen Umgebung, an einem Bach gelegen und eingebettet in wunderschöner und friedlicher Natur.

Tags darauf knatterten kurz nach 8 Uhr Dany und Daniela um die Ecke. Sie konnten am Freitag noch nicht mitfahren und stiessen am Samstag dann zu unserer Gruppe. Bereits vor der vereinbarten Abfahrtszeit um 9 Uhr sassen alle gepackt und in voller Montour auf ihren Sätteln und warteten auf das Startkommando zur Weiterfahrt. Der Himmel war blau, die Sonne wärmte bereits und so starteten wir gut gelaunt und mit einer Harley mehr im Konvoi zu den ersten „Col’s”. Wir hatten eine Stunde und 40 Minuten Fahrzeit über den Ballon de Alsace, den Col de Croix und Col de Mt. De Fourche vor uns bis nach Ferdrupt (in den Vogesen), wo wir uns der Zwischenschichten der Kleidung entledigten und unseren Flüssigkeitshaushalt ausglichen. Nach der Pause führte unser Road Captain uns auf wunderschönen und kurvigen Strassen nach Gerardmer. Herrlich gelegen am Lac de Gerardmer kehrten wir in der Snack Bar „Le Nautic” zum Mittagessen ein. Der Service war sehr freundlich und speditiv und das Essen für eine Snack Bar vielfältig. Der Ort lud mit Strand, glitzerndem See, Liegestühlen und Sonnenschein zum Verweilen ein und wir fühlten uns wie in den Ferien. Doch unser Ziel Kientzheim war ja noch nicht erreicht und eine weitere kurvige und durch Wälder führende Strecke bis zur nächsten Pause in Arrentès-de-Corcieux lag vor uns. Erstmals kam da das Thema Fahrgeschwindigkeit auf. So „beklagte” der hintere Teil, in 90er-Zonen lediglich 60/65 km/h auf dem Tacho zu registrieren. Fast jede Ausfahrt ist irgendwann spasseshalber von einem Motto geprägt und so kam es zum Motto der „60-er-Fraktion” das uns die Tour über begleiten sollte und sich als Insider-Witz wohl auch noch etwas halten wird. Nach insgesamt ca. 166 km erreichten wir unser Ziel der folgenden zwei Nächte in Kientzheim (nahe Colmar).  Mitten im Dorf steht die Hostellerie Schwendi mit ihrer einladenden Speiseterrasse und den verschiedenen Gebäuden in denen sich die Zimmer befinden. Rundherum befinden sich sehenswerte und für das Elsass und die Vogesen typische farbige Fachwerkhäuser, inmitten von Weinreben gelegen. Das bezaubernde Abendlicht versetzt das Örtchen und die Umgebung in eine romantische Stimmung. Nach dem Bezug der grosszügigen Zimmer trafen wir uns zum abkühlenden Bierchen auf der Terrasse. Einziger Wermutstropfen war die Tatsache, dass wir nicht unmittelbar vor unseren Zimmern auf den dafür vorgesehenen Parkplätzen parkieren durften. Um 19 Uhr trafen wir uns zum Abendessen erneut auf der Terrasse. Das Essen bestand aus einem 4-Gang-Menü und hätte nicht besser munden können. Wir verbrachten einen sehr lustigen Abend und lachten bis die Tränen kamen. Dazu beigetragen hat nicht nur eine Hochzeitsgesellschaft ohne Braut, ein süsser Bewerber namens Laurin sondern auch die verschiedenen Selfie-Talente… Kritisch beobachteten wir ganz nebenbei auch das Geschehen auf unserem Motorrad-Parkplatz, wollten wir doch unmittelbar einschreiten, sollte uns der ankommende Alfa Romeo zuparken wollen. Um 22 Uhr schloss die Terrasse, was den heiteren und ausgelassenen Abend leider beendete. Gerne wären wir noch länger geblieben und hätten die Geselligkeit genossen. Schlussendlich hatte es doch sein Gutes genug Schlaf zu bekommen, wollten doch bis auf zwei, alle am nächsten Tag die geplante Tour mitfahren.

Am nächsten Tag warteten wir alle beim Treffpunkt Terrasse auf das Geburtstagskind Kusi und überraschten es frühmorgens mit einem kleinen Ständchen. Die einen oder anderen Hotelgäste und Nachbarn waren dann sicher auch wach gewordenJ Nach dem Frühstück machten wir uns bereit für die Tagestour. Unser Road Captain Ritschi hatte mindestens 10 „Col’s” geplant. Es sei mir an dieser Stelle verziehen, dass ich mir diese nicht alle merken konnte. Die rekognoszierten Strecken über die ersten drei „Col’s” führten uns auf kurvigen schmalen und kaum befahrenen Strassen durch morgendlich kühle und friedvoll stille Wälder. Zwei Rehe überquerten die Fahrbahn und begrüssten den Tag. In Fouchy machten wir die erste Pause und trafen Schweizer Motorradfahrer, die am Tag zuvor der Tour-de-France der Frauen ausweichen und ihre Touren entsprechend anpassen mussten. Vorausplanung ist halt das A und O solcher Trips, vielen Dank, Ritschi. Nach zwei Stunden Fahrt erneut durch romantische Wälder und wunderschöne kurvenreiche Strassen, trafen wir auf dem Col de la Schlucht ein. Mehrere Restaurants befanden sich dort und wir wollten etwas Kleines zu Mittag essen. Leider servierten die Restaurants (jedenfalls das von uns ausgesuchte) das Essen auch bei diesem wundervollen Wetter mit 26 Grad nicht auf der Terrasse. Nicht jeder wollte drinnen sitzen, also halfen sich diejenigen die draussen sitzen wollten selber mit organisierten und geteilten Sandwiches. Mit Kreativität ist vieles möglich, gell Daniela… Danach gab es eine Fahrt dann direkt zum Hotel, wo wir etwas nach 14 Uhr ankamen und uns erst mal einen Drink gönnten. Sandro hatte am Tag darauf Geburtstag und machte sich alsdann auf dem Heimweg zu seiner Familie, wo er nach gut zwei Stunden Fahrt wohlbehalten ankam. Um 18 Uhr lud Kusi anlässlich seines Geburtstages zum Apero auf der Terrasse ein. An dieser Stelle nochmals ganz herzlichen Dank, Kusi, für das feine Apero und den mundenden Gewürztraminer. Das Abendessen gestaltete sich fast analog dem Vorabend. Das Essen war hervorragend und der Abend lustig, unterhaltsam und hätte noch lange andauern dürfen. Wir genossen die herrlichen Sommerabende inmitten des verträumten Örtchens und der beschaulichen Umgebung. Leider hat alles mal ein Ende und so machten wir uns bald schon ans Packen. Wer es noch nicht weiss, bei uns ist es immer so, dass meist alle bereits wesentlich vor der Abfahrtzeit mit aufgeschnalltem Gepäck, Helm, Sonnenbrille, Handschuhen auf der in die Fahrtrichtung ausgerichteten Harley sitzen und bereit zum Starten sind. Fazit: zu knapp darf man die Zeit nicht berechnen, um sich für die Abfahrt zu machen, denn sonst spielt hier wirklich der Gruppendruck.

Sandro hatte sich zu seinem Geburtstag ebenfalls ein Ständchen von uns gewünscht. Da er ja bereits zu Hause war, haben wir am nächsten Morgen erneut „Happy Birthday” zum Besten gegeben und das Video an Sandro geschickt. Erst danach stiegen wir auf die Motorräder und machten uns in Richtung Heimat auf den Weg. Kurz vor 10 Uhr machten wir in einer Bäckerei Münster einen Pausenhalt. Sandro lud zu Kaffee und Gebäck ein. Vielen herzlichen Dank auch an Dich, Sandro, für die Einladung. Unsere Motorräder parkten in Reih und Glied vor der Bäckerei auf offiziellen Parkplätzen. Erstmals seit langer Zeit lösten die Harleys keine Begeisterung aus, sondern störten sich die einen oder anderen daran. Erst wollten Junge ihr Fahrrad zwischen den Motorrädern hindurchquetschen woran Kusi sie hinderte und dann war es einem älteren beleibten Paar ebenfalls zu weit, den offziellen Gehweg zu benutzen und damit zwei Schritte zusätzlich zur Bäckerei zu laufen. Na ja, man kann es nicht immer allen recht machen und wir haben auf der ganzen Tour ausnahmslos Leute angetroffen, die sich unser und unserer Motorräder erfreut haben.

Damit sind ca. 1000 zurückgelegte Kilometer und vier wundervolle Tage mit lieben Freunden, tollen Ausfahrten und lustigen sowie geselligen Abenden ganz schnell vorübergezogen. Zurück bleiben die schönen Erinnerungen und Erlebnisse. Ein riesiges Dankeschön geht an Ritschi und Jeanine, die wie immer, alles minutiös geplant haben, die sogar zwei Mal die Tour rekognosziert haben, die Strecke aufgrund der französischen Sanierung der Strassen mit Kies gar kurzfristig noch umgestaltet haben und die wie gewohnt schöne und ausgewählte Hotels mit bester Gastronomie ausgesucht haben. Wir alle wissen, es ist ein enormer Aufwand so etwas auf diesem Niveau zu organisieren. Das bedeutet eine Planung von langer Hand und kostet viel Zeit, Engagement und Herzblut. Vielen lieben und herzlichen Dank, dass Ihr diese Mühe auf Euch genommen und uns dieses Erlebnis geschenkt habt.

Autor: Gaby

Fotos. Gaby, Ewi, Daniela, Lucija, Jeanine